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Prager Stadtverkehr - Hilfe oder Populismus?

von Klára Hyská
Nur ein paar Wochen vor den Kommunalwahlen (Oktober 2018) kam die Nachricht, dass die Studenten- und Seniorentarife in Prag ab dem 1. Oktober günstiger werden. Es ist aber wichtig günstiger und günstiger zu unterscheiden. Der Stadtrat hat sich für eine sehr radikale Ermäßigung entschieden, was nicht nur eine Welle negativer Reaktionen veranlasst, sondern auch den Verdacht erweckt hat, dass es eigentlich mehr um einen strategischen politischen Schritt geht, als um eine Hilfe. Kein Wunder, weil diese Information sehr überraschend kam.
Der Stadtverkehr ist noch ein Bereich, in dem die Regeln und die Situation seit langem stabil sind. Niemand hat gegen die bisherigen Bedingungen protestiert, es wurde keine Änderung erforderlich. So eine überraschende Entscheidung hat viele Fragen aufgeworfen. Über welche denke ich, aus der Position einer in Prag lebenden Studentin, nach? Welche halte ich für die Grundsatzfragen? Zum Beispiel fällt mir die Frage ein: Für wen ist die Ermäßigung eigentlich gedacht? Bei den Senioren ist alles klar, da ist die Änderung wirklich nur auf sie aufgerichtet, aber bei den Studenten, die noch nicht arbeiten und denen meistens die Eltern das Fahrgeld bezahlen, kann man gut sehen, dass die Ermäßigung sich nicht so sehr an die Studenten richtet, sondern das es mithilfe der Studenten auf die Eltern, also Erwachsene in unserer Stadt zielt, die die größte Gruppe der Wähler darstellen und mit ihren Wählerstimmen das Ergebnis beeinflussen können.
Weitere Zweifel wirft die Frage auf: Woher kommt das Geld, das die Stadt statt der Fahrgäste bezahlt? Das muss dann doch irgendwo fehlen, oder? Der Stellvertreter der Oberbürgermeisterin hat bekannt gemacht, dass der Verlust von Ticketverkäufen in diesem Jahr durch das Stadtbudget gedeckt wird. Für nächstes Jahr wird es dann vom Haushaltsplan genommen. Dabei ist zu betonen, dass der Verlust nur in diesem Jahr Dutzende Millionen beträgt. Dies bringt mich zu der letzten Frage.
          Wenn das Geld eigentlich nicht fehlen wird, worauf die Stadtregierung hinweist, was könnte man alles mit diesem Geld verbessern? Wir haben so viele Bereiche, die darben, denen aber keine Aufmerksamkeit gewidmet wird. Mit so einer Summe könnte die Stadt z.B. viele neue Bäume kaufen, die Gehwege reparieren, neue Kinderspielplätze bauen, oder das Geld in höheren Lohn für die Lehrer, Gesundheitsdienstleister oder auch das Rentensystem investieren.
      Alle diese Fragen sind sehr wichtig und schwer zu beantworten. Was aber sicher zu sagen ist, ist, dass sie alle zusammen mit dem Stadtrat verbunden sind, die Ermäßigung also zeitlich mit den Kommunalwahlen und im breiten Sinne mit der politischen Einstellung des Staats. Daraus folgt die einzige Frage: Soll diese Ermäßigung wirklich vor allem als eine Hilfe fungieren? Oder geht es mehr um den Populismus des Stadtrats?
          Obwohl die Bürgermeisterin einen Zusammenhang zwischen dieser Ermäßigung und den Kommunalwahlen ablehnt, kann man in diesem Fall sehr leicht den billigen Populismus sehen. Was einerseits sehr schön aussieht, wie eine große Hilfe für eine große Masse, da die Politiker immer gerne wiederholen, dass die Studenten und Senioren die wichtigsten sozialen Gruppen sind, ist andererseits ein großer Schritt, der unnötig war und in der Zukunft viele Probleme bringen wird. Leider ist es erfahrungsgemäß so, dass die sehr oft falschen und schnell gutgeheißenen Innovationen in der Zukunft sehr schwer und langsam rückgängig zu machen sind. Die Leute müssen sich bewusst werden, dass jede Münze zwei Seiten hat und wenn wir in einem Bereich weniger Geld bezahlen, müssen wir es früher oder später in einem anderen ausgleichen.

 Klára Hyská, November 2018