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Sind Weihnachten noch Feste der Rast und Ruhe?


von Daniela Jahnová

Wenn man Weihnachten sagt, stellt sich jeder meistens eine schöne, festliche Familienatmosphäre, Geschenke, Weihnachtsgebäck, Märchen und gespannte Erwartung von Kindern und ihr Lächeln unter dem Weihnachtsbaum vor. Leider ist die Realität ganz anders. Sind Weihnachten noch Feste der Rast und Ruhe?
Jedes Jahr bereite ich in meinen Sprachkursen eine Weihnachtsstunde vor. Ich frage immer die Kursteilnehmer: „Was bedeuten Weihnachten für Sie?“ Die Antworten lauten fast immer gleich. Die meisten mögen sie, weil sie längere Ferien haben, aber sie mögen die Vorbereitung und den Stress vor Weihnachten nicht, die vielen Leute in den Geschäften, die auf einmal wie verrückt sind.

Ja, jedes Jahr ist es gleich. Wenn sich die Weihnachten nähern, hört man das Wort immer öfter. Daran ist nichts Merkwürdiges. Was aber interessanter ist, sind die Emotionen. Die ich von den Leuten fühle, die über Weihnachten sprechen, sind nicht die, die ich erwarten würde. Freude und Erwartung werden durch Angst, Unsicherheit und Stress verdrängt. Das aktuelle Bild von Weihnachten: Shoppingzentren brechend voll, in den Geschäften unglaubliche Mengen von attraktiven Waren, Supermärkte voll von Essen, überall Wohlstand. Die Eltern haben Angst, dass sie nicht die richtigen gewünschten Geschenke bekommen, die ihr Kind aus der Werbung gewählt hat. Frauen in den Supermärkten wetteifern, welche die besseren Kartoffeln für den Kartoffelsalat kauft oder das letzte Stück Hera für das Backen erbeutet. Überall unglaubliche Schlangen, Ungeduld, keine Luft, Nervosität.... und noch das letzte Geschenk und dann nur Schulden … und wieder Angst und Stress, dass wir nicht fähig sind, alles zeitig abzuzahlen. Wohin hat sich der Zauber der Weihnachten verloren?
Meiner Meinung nach gilt es nicht mehr, dass Weihnachten das Fest der Rast und Ruhe und sogar des Friedens ist. Diese Bezeichnung betrachte ich als überzeichnet. Ich würde es Fest des Stresses, Gehetztseins und der Panik nennen. Jeder bemüht sich, seinen Haushalt so sauber wie möglich zu haben, alles ganz vollkommen – Gebäck, perfekt geschmückter Weihnachtsbaum, Teppiche und Fenster saubergemacht, ausgefegte Spinnweben und ich weiß nicht was noch. Man vergisst aber das Wichtigste und zwar, dass Weihnachten nicht wegen der Geschenke entstanden ist, wie uns die Werbung, Marketinggesellschaften und Hersteller weismachen. Schon seit Ende September überzeugen sie uns, ihre Produkte zu kaufen. Zu Weihnachten geht es nicht darum, dass es bei uns schön aussieht, sondern dass wir alle Familienmitglieder treffen, zusammen sitzen und diskutieren, was uns das Jahr gegeben oder genommen hat. Mit diesem Fest sollten wir die Erinnerung an die Geburt von Jesus Christus in Bethlehem ehren. Weder Maria noch Josef haben sich damit befasst, ob ihnen die Geschenke der drei Könige oder Hirten gefallen, sondern damit, dass sie zusammen sind und einander mögen.  Und was meinen Sie? Sind Ihre Weihnachten anders als in der Vergangenheit? Jedes Jahr wiederholt es sich – ein Karussell von Pflichten – Aufräumen, Gebäck, Karpfen, Kartoffelsalat, Fischsuppe und viele, viele Geschenke. Machen sie Freude oder werden sie gleich in einer unteren Schublade versteckt?

Wir sollten es klar machen, warum wir dieses Fest feiern. Es ist nicht wegen der Geschenke, des Gebäcks, des Weihnachtsbaums oder des Aufräumens, sondern damit alle zusammen in Ruhe und Behaglichkeit die Zeit verbringen, bevor die alltäglichen Sorgen wieder losgehen. Ich wünsche Ihnen fröhliche Weihnachten!


Daniela Jahnová, Dezember 2018