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Was braucht der Rollstuhlfahrer in Budapest?

von Markéta Brožová


Was braucht der Rollstuhlfahrer in Budapest? Flügel wie ein Vogel! So könnte ich nach unserem Ausflug nach Budapest antworten. Um ehrlich zu sein, unser Ausflug war eher spontan. Wir haben nicht besonders lange überlegt, ob wir fahren sollen. Wir haben uns nur gesagt, dass wir es versuchen und sehen werden, was diese Reise mit sich bringt. Ich musste aber trotzdem ein bisschen planen. Ist die Unterkunft barrierefrei? Ist die Assistenz am Flughafen gebucht? Sind auch die Sehenswürdigkeiten barrierefrei zugänglich? Das alles waren Fragen, die ich mir gestellt habe und auf die ich eine Antwort finden musste.


Mit der Planung habe ich aber nicht so viel Zeit verbracht. Warum? Ich bin nämlich davon ausgegangen, dass eine Badestadt barrierefrei sein muss, oder mindestens sein sollte. Wir haben aber später festgestellt, dass diese Annahme eher falsch war. Ich muss zugeben und an dieser Stelle anführen, dass die meisten Sehenswürdigkeiten auch mit dem Rollstuhl zugänglich sind. Und wenn nicht, dann waren die Angestellten sehr hilfsbereit, einen anderen Weg zu finden, der für mich besser war. Auch die Verkehrsmittel sind für den Rollstuhlfahrer geeignet.

Schlimmer war aber die Situation in anderen Gebäuden. Als Beispiel kann ich meine Erfahrung aus einem Kurbad anführen. Ich war ja ziemlich gespannt, wie sie dort auf Rollstuhlfahrer vorbereitet sind. Ich habe mich vorher per E-Mail mit den dortigen Angestellten in Verbindung gesetzt und eine Versicherung bekommen, dass sie wirklich wissen, was der Mensch mit Behinderung braucht. Umso größer war meine Überraschung, als ich dorthin gekommen bin. Niemand hat angenommen, dass ein Mensch mit einer Körperbehinderung nicht gehen kann. „Brauchen Sie wirklich den Rollstuhl?“ so lautete die Frage. Naja, das brauche ich – ziemlich überraschend, oder? Dieser Besuch war für mich also nicht erfolgreich und ich konnte das Bad nicht genießen.

Ein interessantes Erlebnis hatten wir auch bei, beziehungsweise vor unserer Schifffahrt. Das Schiff sollte barrierefrei sein. Ich wusste schon, dass ich mich darauf nicht verlassen kann. Das Wort barrierefrei hat für die Menschen in Budapest vermutlich eine andere Bedeutung. Ich war darauf vorbereitet, dass es auch Komplikationen geben könnte. Womit ich aber nicht gerechnet habe, war der Umstand, dass zu dem Dock kein guter Weg führt. Nur die Treppen oder etwas, was höchstwahrscheinlich vor vielen Jahren der Weg sein sollte. Wir mussten also eine Alternative finden – wie kann ich auch mit dem Rollstuhl dorthin gelangen?

Trotz unserer Kreativität ist mir nichts Besseres eingefallen, als dass mein Freund mich auf den Armen tragen musste. Er ist dabei mit einem Fuß fast in der Donau gestanden – die Distanz zwischen der Straße und dem Fluss war ja relativ kurz. Wir haben es trotzdem geschafft und nach einigen Minuten waren wir vor dem Schiff. Die Tatsache, dass wir auf einem barrierefreien Schiff eine mit dem Rollstuhl fast unbefahrbare Rampe überwinden mussten, konnte uns nicht mehr überraschen.

Auch mit den Straßen war es ein bisschen kompliziert. Zumindest die Innenstadt von Budapest ist nicht für den Rollstuhlfahrer geeignet. Mein Freund hat mir – im Zusammenhang mit dem schlechten Zustand der Fußwege – gesagt: „Du solltest lieber fliegen lernen!“ Und mit einem gewissen Zeitabstand muss ich ihm Recht geben. Mit dem Rollstuhl war es auf dem Fußweg wirklich kompliziert. Ein barrierefreier Gehweg oder mindestens ein unbeschädigter Gehweg? Das war eine Rarität. Das ist also eine der Sachen, die die Stadt noch verbessern sollte.

Ein ganz anderes und sehr angenehmes Erlebnis, was die Barrierefreiheit betrifft, hatten wir aber in dem zweiten Kurbad in Budapest. Man kann dort viele Kurbäder finden, und so haben wir uns entschieden, nun noch einen zweiten Versuch zu machen. Ich weiß nicht, ob ich mehr Erwartung oder Angst hatte. Zu meiner Überraschung war diesmal alles in Ordnung. Wir haben eine Assistentin bekommen, die uns alles erklärt und gezeigt hat, und die uns auch geholfen hat. Nach diesen Erfahrungen habe ich mich an einen Spruch erinnert – Wenn man will, geht alles. Es war sehr schön zu sehen, dass es auch in Budapest schon einige Orte gibt, wo die Barrierefreiheit wirklich einen barrierefreien Zugang bedeutet.

Wenn ich meine Erfahrung zusammenfassen soll, muss ich auch sagen, dass diese Stadt noch nicht auf den Rollstuhlfahrer vorbereitet ist. Um korrekt zu sein, ist es aber auch wichtig zu erwähnen, dass man schon solche Orte und Gebäude finden kann, wo der Rollstuhl kein Problem ist. Alles braucht seine Zeit – und die barrierefreie Infrastruktur bildet da keine Ausnahme. Ist es nicht so? Trotz verschiedener Komplikationen haben wir dort viele Erfahrungen und Erlebnisse gesammelt, an die wir uns jetzt erinnern können.

Ich kann also den Besuch dieser Stadt empfehlen. Auch wenn Sie im Rollstuhl sitzen. Mit Hilfe kann man alles schaffen. Budapest ist zwar nicht die barrierefreieste Stadt der Welt, trotzdem kann man dort viel Spaß haben. Es hängt auch davon ab, ob man sich an die schönen gemeinsamen Momente erinnert, oder eher an die Probleme  – mir ist das Erstere eigentlich wichtiger.

Man sollte auch nicht verallgemeinern. Manchmal ist es schwer, nicht zu stereotypisieren. Nach einem relativ kurzen Ausflug darf ich aber nicht sagen, dass dies in ganz Ungarn so ist. Ich bin auch ziemlich gespannt, wie sich diese Stadt – Budapest – entwickeln wird. Und ich freue mich schon auf eine nächste Reise nach Budapest. Wir sollten nicht nur an Probleme denken, oder?