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 Uni auf Distanz? Von Martin Voslář


Ich sitze in meiner neuen Wohnung in meiner Uni-Stadt, es ist Montag, 10.30, vor 30 Minuten sollte eines meiner Seminare anfangen, aber das Netzwerk ist überlastet. Es gibt wieder kein echtes Seminar und ich werde den ganzen Tag wieder Ersatzaufgaben machen. Wenn ich mich an andere Ersatzaufgaben aus anderen Seminaren erinnere, wird mir schlecht! Wie lange noch? Nein, unser Uni-System, die Studienpläne und die Dozenten sind darauf nicht vorbereitet. 

Uni auf Distanz bzw. Schule auf Distanz ist in dieser schwierigen Situation die einzige Möglichkeit, wie die Studenten bzw. Schüler ihr Studium fortsetzen können. Notstand, Maßnahmen und Verordnungen komplizieren einen normalen Verlauf des akademischen bzw. des Schuljahres. Mit dem Ziel, soziale Kontakte zu verhindern, läuft der Unterricht auf der „Distanz-Basis“, das heiß, alles wird online und kontaktlos erledigt. 

Es scheint cool, wenn man in der Bequemlichkeit der eigenen Wohnung sitzt und per Internet eine Vorlesung oder ein Seminar hat. Man könnte sagen: „Willkommen, das ist das 21. Jahrhundert.“ In dieser Welt geht es nicht um ein Wunder, wenn der Dozent in Kanada, in Toronto einen Vortrag hält und einer der Studenten in Prag zu Hause sitzt. In dieser Welt ist die Bildung durch diese Distanzform mit Hilfe von Laptop, Mikro und Lautsprechern relativ üblich. Persönlich kenne ich ein paar Menschen, die die Vorteile des internationalen Fernstudiums nützen. 

Der Mensch ist ein Geschöpf, das soziale Kontakte und Gesellschaft braucht. Lang dauernde Trennung vom „üblichen“ Leben kann auch verschiedene psychische Probleme verursachen und kann auch einen Einfluss auf die Fähigkeit, sich zu konzentrieren, haben, was wieder eng mit der Frage der Distanz-Uni zusammenhängt. Mehrstündiges Sitzen vor dem Computer, wenn eine Vorlesung läuft, wenn man Ersatzaufgaben erfüllen, wenn man Semesterarbeiten schreibt, die oft keine Beziehung zu dem Stoff haben, kann auch zu Gesundheitsproblemen führen. Ich erwarte, dass beim nächsten Besuch meines Augenarztes meine Dioptrien wieder etwas stärker werden.  

Zu den nächsten Schattenseiten des aktuellen Verlaufes des akademischen Jahres gehört auch die Kooperation mit einigen Kursleitern. Von einigen habe ich noch keine Rückmeldung zu abgegebenen Aufgaben bekommen; einige führen keine Online-Sitzungen, sondern geben sinnlose Semesterarbeiten und Aufgaben, die thematisch mit dem Syllabus gar nicht korrespondieren, oder zeitlich sehr anspruchsvoll sind! Ich will nicht alle in einen Topf werfen. Es gibt die, die mit allen zugänglichen Möglichkeiten dieser Zeit beispielhaft arbeiten, aber die sind in der Minderheit. Und das oben Beschriebene könnte zur Frustration der Studierenden führen, was auch ein relativ hohes und kaum diskutiertes Risiko ist. 

Die gegenwärtige Situation hat bestimmt ein Potenzial! Die Krisen in der Vergangenheit führten zu neuen Entwicklungen und sozio-wissenschaftlichen Fortschritten. Vielleicht kann gerade der Masseneinsatz der modernen Technologien und online-Arten und -Weisen des Unterrichts eine tolle Gelegenheit für Studierende sein, die gleichzeitig arbeiten oder die ihre Bildung ergänzen müssen.  

Im Rahmen des Präsenzstudiums hat der Masseneinsatz dieser Unterrichtsart noch nicht ihren Platz gewonnen. Dieses muss nach einem Konzept, das schließlich übrigens auch die technologische Ausrüstung der Studierenden berücksichtigen sollte, geleitet werden. Ich würde darüber gerne noch mehr schreiben, es geht schlussendlich um ein interessantes Thema (im Vergleich mit anderen). Leider habe ich nur zwei Tage übrig für einen echt langweiligen Text, den ich lesen muss, und am Montag halte ich eine Präsentation, online selbstverständlich, leider weiß ich nicht, ob mein Computer damit rechnet.